Der doppelt qualifizierte Mehrheitsbeschluss

Die Eigentümerversammlung hat mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen, dass in die gemeinsame Wohnanlage eine neue Heizung und neue Fenster eingebaut werden, um die Energiekosten spürbar zu senken. Eigentlich müsste dieser Beschluss jetzt umgesetzt werden, oder?
Nur dann, wenn auch mehr als die Hälfte des Besitzes sich dafür ausgesprochen hat. Denn die Stimmrechte in der Eigentümerversammlung sind an den Besitz gekoppelt. Laut Gesetz gilt zwar eigentlich das Kopfprinzip, also dass jeder Eigentümer mit einer Stimme spricht. In der so genannten Gemeinschaftsordnung wurden aber oft andere Regelungen beschlossen. Beispielsweise, dass jede Wohnung eine Stimme bei der Versammlung hat oder dass die Stimmrechte anteilig nach dem Wert einer Wohnung richtet. Ein Beispiel: Im Dachgeschoss einer Wohnanlage befinden sich große Penthouse-Wohnungen, die auch von der Fläche her größer sind als die anderen Wohnungen. Ihre Stimme hat also mehr Gewicht.

Der Sonderfall – doppelt qualifizierte Mehrheit
Gerade bei größeren Wohnanlagen ist es oft der Fall, dass einige Eigentümer zur Kapitalanlage mehrere Wohnungen besitzen. Wenn sich in einer Anlage etwa 20 Wohnungen befinden, von denen jeweils fünf im Besitz eines Investors sind, treffen sich bei der Eigentümerversammlung im Idealfall zwölf Eigentümer. Wenn sich nun die zehn Eigentümer der anderen Wohnung einig sind, dass sie eine neue Heizung einbauen wollen, haben sie zwar die Mehrheit erreicht, aber die Investition unterbleibt, wenn sich die beiden anderen Eigentümer dagegen aussprechen.
Natürlich können mit der doppelten Mehrheit auch Sondervereinbarungen getroffen werden. Ein Beispiel dafür ist etwa der Einbau eines Aufzugs zur Modernisierung der Anlage. Die Inhaber der Wohnungen im Erdgeschoss dürften wahrscheinlich nicht einsehen, warum sie sich an den Kosten für den Einbau des Fahrstuhls beteiligen sollten, weil weder sie noch ihre Mieter einen unmittelbaren Nutzen davon haben. In diesem Fall kann die Eigentümerversammlung beschließen, dass der Einbau trotzdem gemacht wird, die Gegner des Einbaus nicht zahlen müssen, den Fahrstuhl aber auch nicht nutzen dürfen.

Gesetzesnovelle erleichtert die Abstimmungen
Bis zum 1. Juli 2007 galt für diese Fälle das Prinzip der Einstimmigkeit. Der Gesetzgeber hat dies allerdings geändert, weil sich vor allem in größeren Wohnanlagen über viele Jahre hinweg ein Investitionsstau gebildet hat. Zwei Gründe waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass nicht in die Zukunft der Anlage investiert wurde.
Grund eins: Einer der Eigentümer sperrte sich gegen den Willen der Mehrheit und sprach sich gegen die eigentlich notwendigen Modernisierungen aus.
Grund zwei: Vor allem bei großen Wohnanlagen mit vielen Eigentümern ist es so gut wie ausgeschlossen, alle Wohnungseigentümer zu einem gemeinsamen Termin an einen Tisch zu bringen.

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