Mietminderung im Gewerbe: Rechte, Pflichten und Handlungsspielräume

Mietminderung im Gewerbe

In der Welt der gewerblichen Vermietung kommt es nicht selten vor, dass Unternehmen mit Beeinträchtigungen der Mieträume konfrontiert werden. Ob Schimmel in der Lagerhalle, Lärmbelästigung durch Baustellen oder Heizungsausfall im Winter – solche Mängel können den Geschäftsbetrieb erheblich beeinträchtigen. In diesen Fällen stellt sich die zentrale Frage: Darf die Miete gemindert werden – und wenn ja, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen?

Während Privatmieter relativ umfassend über ihre Rechte zur Mietminderung informiert sind, herrscht im gewerblichen Bereich oft Unsicherheit. Dabei ist das Recht zur Mietminderung im Gewerbemietrecht ebenso fest verankert, allerdings mit spezifischen Besonderheiten und Fallstricken, die es zu beachten gilt.

Tipp: Hier findest du alle Infos zur Mietminderung im Privaten Bereich

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in §§ 536 ff. die Mietminderung. Diese Vorschriften gelten grundsätzlich auch für gewerbliche Mietverhältnisse, sofern im Mietvertrag keine abweichenden Regelungen getroffen wurden.

§ 536 Abs. 1 BGB lautet sinngemäß:

Wird die Mietsache mit einem Mangel behaftet, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, ist die Miete für die Zeit, in der der Mangel besteht, entsprechend herabzusetzen.

Vertragliche Gestaltungsfreiheit beachten

Im Gewerbemietrecht herrscht jedoch ein weiter Spielraum zur vertraglichen Modifikation. So können Mietminderungsrechte eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden – allerdings nur in engen Grenzen, insbesondere dann, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt.

Damit Sie als Unternehmer die Miete rechtmäßig mindern können, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

1. Vorliegen eines erheblichen Mangels

Der Mangel muss die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume erheblich beeinträchtigen. Bagatellmängel reichen nicht aus. Beispiele:

  • Ausfall der Klimaanlage in einem IT-Rechenzentrum
  • Undichte Fenster in einem Ladenlokal mit Schaufenstern
  • Feuchtigkeitsschäden in einem Lager

2. Kein Eigenverschulden des Mieters

Die Beeinträchtigung darf nicht durch den Mieter oder seine Mitarbeiter verursacht worden sein.

3. Unverzügliche Mängelanzeige

Die Anzeige des Mangels an den Vermieter muss sofort erfolgen, um das Recht auf Mietminderung nicht zu verlieren.

4. Keine vertragliche Abbedingung

Überprüfen Sie den Mietvertrag: Ist die Mietminderung möglicherweise ausgeschlossen oder eingeschränkt?

Die Höhe der zulässigen Mietminderung hängt von der Schwere des Mangels und der damit verbundenen Beeinträchtigung der Nutzbarkeit ab. Es gibt keine festen Tabellen für Gewerbemietverhältnisse – die Einschätzung erfolgt im Einzelfall.

Orientierungshilfen für die Mietminderungshöhe

MangelMietminderung (Schätzung)
Totalausfall der Heizung im Winter30–100 %
Längere Lärmbelästigung durch Bauarbeiten10–40 %
Wasserrohrbruch / Feuchtigkeitsschäden20–50 %
Ausfall der Elektrik50–100 % (je nach Nutzung)
Unbenutzbarkeit durch Schädlingsbefallbis zu 100 %

Wichtig: Die Mietminderung erfolgt automatisch ab dem Zeitpunkt des Mangels – nicht erst nach Zustimmung des Vermieters.

Fall 1: Gastronomie ohne Wasseranschluss

Ein Restaurantbetreiber stellte fest, dass über mehrere Tage hinweg kein Wasseranschluss funktionierte – weder für Toiletten noch für Küche. Der Betrieb war nicht möglich. Hier lag ein Mangel vor, der die Nutzung vollständig ausschloss. Ergebnis: 100 % Mietminderung für die Dauer des Ausfalls.

Fall 2: Lagerhalle mit durchfeuchtetem Boden

Ein E-Commerce-Unternehmer bemerkte Schimmel an der Wand und feuchten Bodenbelag in seiner Lagerhalle. Die Lagerung war eingeschränkt möglich. Hier entschied ein Gericht auf eine Minderung von 30 %.

  1. Mangel feststellen und dokumentieren (Fotos, Zeugen, ggf. Gutachten)
  2. Mängelanzeige an Vermieter senden (schriftlich mit Fristsetzung)
  3. Mietminderung ankündigen, Höhe benennen
  4. Miete entsprechend gekürzt zahlen (nicht vollständig einbehalten!)
  5. Kommunikation schriftlich führen – für den Fall eines Rechtsstreits

Besonderheiten im Gewerberaummietrecht

Im Gegensatz zur Wohnraummiete gelten im Gewerberaummietrecht diese wichtigen Unterschiede:

  • Keine soziale Schutzfunktion: Gewerbemieter gelten als geschäftserfahren und werden weniger geschützt.
  • Stärkere Vertragsfreiheit: Auch nachteilige Regelungen für Mieter können wirksam vereinbart sein.
  • Vertragszweck ist entscheidend: Je stärker der Mangel den spezifischen Geschäftszweck beeinträchtigt, desto höher die Minderung.

Häufige Fehler bei der Mietminderung im Gewerbe

  1. Keine oder verspätete Mängelanzeige
  2. Miete vollständig einbehalten statt anteilig mindern
  3. Fehlende Dokumentation des Mangels
  4. Falsche Einschätzung der Minderungshöhe
  5. Vertragsklauseln übersehen, die Mietminderung einschränken

Sonderfall: Corona und Mietminderung im Gewerbe

Während der COVID-19-Pandemie mussten viele Betriebe schließen. Die Frage, ob dies eine Mietminderung rechtfertigt, wurde höchstrichterlich geklärt:

BGH-Urteil vom 12. Januar 2022 (XII ZR 8/21):

Betriebsuntersagungen aufgrund der Corona-Pandemie stellen grundsätzlich keinen Mangel der Mietsache dar. Eine Mietminderung ist ausgeschlossen. Jedoch kann in Ausnahmen ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB bestehen.

Mietminderung im Gewerbe

Im Zentrum der Diskussion steht das berechtigte Interesse des Unternehmers, seine Gewerbefläche ohne Einschränkungen nutzen zu können. Ist dies nicht der Fall, ermöglicht das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Mietminderung im Gewerbe.

Allerdings ist das Vorgehen komplexer als im privaten Mietrecht. Unternehmer müssen nicht nur die Beeinträchtigung nachweisen, sondern auch rechtlich prüfen, ob der Mietvertrag eine Mietminderung zulässt. Im Zweifel lohnt sich die frühzeitige Einschaltung eines spezialisierten Mietrechtlers, um keine Fehler zu begehen, die später teuer werden könnten.

AspektDetails
Gesetzliche Grundlage§ 536 BGB (gilt auch für Gewerbemiete)
VoraussetzungenMangel, keine Selbstverursachung, Mängelanzeige, kein vertraglicher Ausschluss
Höhe der MietminderungEinzelfallentscheidung, abhängig von Schwere der Beeinträchtigung
Beginn der MinderungAb dem Zeitpunkt des Mangels – auch ohne Zustimmung des Vermieters
AusschlussmöglichkeitenDurch vertragliche Regelungen im Mietvertrag möglich
SonderfälleCorona, höhere Gewalt, bauliche Veränderungen

1. Kann ich einfach die Miete kürzen, wenn ein Mangel vorliegt?

Nein – eine sorgfältige Dokumentation und Mängelanzeige sind zwingend erforderlich. Die Mietminderung tritt zwar automatisch kraft Gesetzes ein, aber ohne saubere Nachweise riskieren Sie rechtliche Auseinandersetzungen oder sogar die Kündigung durch den Vermieter.

2. Wie hoch darf ich die Miete mindern?

Es gibt keine pauschalen Werte. Gerichte orientieren sich an der konkreten Beeinträchtigung. Bei schweren Mängeln wie einem Totalausfall der Infrastruktur sind bis zu 100 % Mietminderung möglich. Lassen Sie die Höhe im Zweifel von einem Experten prüfen.

3. Was, wenn der Vermieter den Mangel nicht anerkennt?

Dann müssen Sie dennoch den Mangel anzeigen, die Miete unter Vorbehalt kürzen und im Zweifelsfall gerichtlich klären lassen. Ziehen Sie frühzeitig einen Anwalt hinzu, um Fehler zu vermeiden.

4. Was bedeutet „vertragsgemäßer Gebrauch“?

Das ist der Zweck, den Sie laut Mietvertrag mit der Mietsache verfolgen – z. B. Lagerung, Verkauf, Produktion. Wird dieser Zweck durch den Mangel beeinträchtigt, liegt ein Mietminderungsgrund vor.

5. Kann eine Mietminderung im Gewerbemietvertrag ausgeschlossen sein?

Ja, viele gewerbliche Mietverträge enthalten Klauseln, die Mietminderung ausschließen oder beschränken. Diese sind nicht immer unwirksam, daher ist eine sorgfältige Prüfung erforderlich.

6. Was ist der Unterschied zur Wohnraummiete?

Im Gewerbebereich gilt mehr Vertragsfreiheit. Der Schutz des Mieters ist schwächer. Dafür ist der Spielraum zur vertraglichen Gestaltung – etwa bei Ausschluss der Mietminderung – größer.

Die Möglichkeit der Mietminderung im Gewerbe ist ein wirksames Instrument, um auf Mängel in der Mietsache zu reagieren und wirtschaftliche Nachteile zu kompensieren. Doch im Gegensatz zum Wohnraummietrecht erfordert sie mehr juristische Präzision und Dokumentationsaufwand. Unternehmer sollten bei auftretenden Problemen rasch handeln, rechtssichere Mängelanzeigen verfassen und die Mietminderung mit Augenmaß und Sorgfalt umsetzen. Dabei gilt: Wer vorbereitet ist, kann seine Rechte selbstbewusst geltend machen – ohne die Geschäftsbeziehung zum Vermieter unnötig zu belasten.

Über Andreas Kirchner 499 Artikel
Andreas Kirchner ist Herausgeber des Magazins ratgeber-eigentumswohnungen.de. Auf unserer Seite stellen wir Ihnen interessante Ratgeber rund um das Thema Immobilien, insbesondere Eigentumswohnungen, ausgiebig vor. Alles was Sie rund um die Eigentumswohnung wissen sollten erfahren Sie bei uns.