Der qualifizierte Mehrheitsbeschluss

Vor allem in den größeren Städten lässt sich immer wieder folgendes Beobachten: Moderne Wohnanlagen, die beim Spatenstich als topmodern galten, verfallen im Laufe der Jahre zusehends, offensichtlich dringende Investitionen werden nicht getätigt, die Anlage verfällt, womit nicht nur der Wert der Wohnungen fällt, sondern auch das Wohnviertel im schlimmsten Fall zusehends verelendet.
Für den außenstehenden Betrachter scheint die Lage klar zu sein: Die Eigentümer haben kein Interesse daran, ihren Besitz zu modernisieren, sondern wollen damit so viel Geld wie nur irgend möglich verdienen. Diese Einschätzung trifft jedoch meistens gar nicht zu.
Schuld am zusehenden Verfall vieler Immobilien war vielmehr meist das geltende Wohnungseigentumsrecht. Lange Zeit konnten nämlich Modernisierungen nur einstimmig beschlossen werden. Stemmte sich nur einer der Eigentümer gegen die dringend notwendige Modernisierung, waren somit auch den anderen Wohnungseigentümern, die Hände gebunden.

Neues Gesetz stärkt die Mehrheit

Deshalb trat am 1. Juli 2007 eine Neuregelung des Wohnungseigentumsgesetzes in Kraft. Das Prinzip der Einstimmigkeit wurde mit der Gesetzesnovelle ziemlich radikal beschnitten. Mehrheitsentscheidungen sind nun in viel mehr Fällen möglich, als es vorher der Fall war. Geht es um den laufenden Betrieb, reicht nun in vielen Fällen schon eine einfache Mehrheit aus, um einen gültigen Beschluss zu fassen. Dabei gilt für die Eigentümerversammlung eine Besonderheit: Stimmenthaltungen werden nicht gewertet. Entscheidend ist nur die Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen. Die einfache Mehrheit reicht aus, wenn es um den laufenden Betrieb geht. Beispielsweise, wenn der Verteilungsschlüssel für die Nebenkosten geändert werden soll. Die alte Regelung zur Aufteilung des Wasserverbrauchs beispielsweise wurde schon in vielen Fällen geändert. Früher war es nämlich üblich, dass der gesamte Verbrauch einfach gleichmäßig auf die Anzahl der Wohnungen umgelegt wurde. Wer extrem viel Wasser verbrauchte, tat dies auf Kosten der sparsamen Mieter.

Für Modernisierungen gilt die qualifizierte Mehrheit


Auch wenn es darum geht, Modernisierungen durchzuführen, die nicht zwingend notwendig sind, aber eine Investition in die Zukunft des Objektes darstellen, reicht mittlerweile ein Mehrheitsbeschluss aus, allerdings keine einfache Mehrheit. Stattdessen müssen drei Viertel der Eigentümer zustimmen. Dies betrifft vor allem Investitionen, die sich nur langfristig für die Mieter rechnen, aber keine unmittelbare Verbesserung für die Eigentümer darstellen.
Beispielsweise wenn es darum geht, neue und Wärme dämmende Fenster in die Wohnungen einzubauen oder eine neue Heizungsanlage einzubauen. Für die Mieter zahlt sich diese Investition unmittelbar bei der Abrechnung der Nebenkosten aus.
Man geht allerdings davon aus mit der qualifizierten Mehrheit auch mehr als die Hälfte des Anteiligen Besitzes spricht.

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